Im Rahmen des Geschichtsunterrichts hatte die Werk-statt-Klasse am 26. Februar 2015 Besuch von einer Überlebenden des Holocaust. Henriette Kretz, gebürtige Polin und nun in Antwerpen in Belgien lebend, war angereist, um den Schülern ihre Lebensgeschichte aus der Zeit des 2. Weltkriegs und der Judenverfolgung zu erzählen.
Die zierliche 81jährige hatte im Handumdrehen die volle Aufmerksamkeit der Schüler, als sie begann, von ihrer Kindheit bei Beginn und während des 2. Weltkrieges zu berichten.
Sehr eindrucksvoll schilderte die ehemalige Lehrerin, wie sie sich als Kind vor der Verfolgung durch die Nationalsozialisten verstecken musste und wie Sie ihre Eltern verlor.
Das mutige Eingreifen von katholischen Ordensschwestern bewahrte Sie vor dem Tod, dem sie, versteckt in einem Kinderheim, entkam.
Ihre Geschichte hat Frau Kretz in dem Buch „Willst du meine Mutter sein? Kindheit im Schatten der Schoah“ aufgeschrieben. Es ist im Hille Verlag erschienen.
Organisator dieser und ähnlicher Zeitzeugenaktionen ist das Maximilian-Kolbe-Werk, das für die Reise-und Unkosten der jeweiligen Zeitzeugen aufkommt. Die Zeitzeugen, die ansonsten rein ehrenamtlich tätig sind, versuchen jungen Menschen besonders an Schulen Geschichte aus ihren Erfahrungen nahezubringen.
Das Maximilian-Kolbe-Werk veröffentlicht auf seiner Homepage folgende biographische Informationen über Henriette Kretz:
[infobox color=”darkgray”]Henriette Kretz wurde am 26. Oktober 1934 in einer jüdischen Familie in der damals polnischen Stadt Stanisawów (heute Iwano-Frankiwsk in der Ukraine) geboren. Seit 1935 lebte die Familie in der Nähe von Opatów im südöstlichen Polen (im Heiligkreuzgebirge = Góry Swiêtokrzyskie), wo Henriettes Vater als Arzt tätig war. Ihre Mutter war zwar Anwältin von Beruf, widmete sich aber ganz der Erziehung der Tochter. Bis zu diesem Zeitpunkt war Henriettes Welt in einer liebevollen Familie in Ordnung und ihre Kindheit unbeschwert.
Nach dem Überfall auf Polen im Herbst 1939 floh die jüdische Familie vor den heranrückenden Deutschen. Henriette kam mit ihren Eltern zuerst nach Lemberg und bald darauf ins benachbarte Sambor. Ihr Vater wurde Direktor eines Sanatoriums für Tuberkulosekranke. Doch 1941 holten der Krieg und die Deutschen die Familie auch dort ein. Aus ihrer Wohnung wurden sie bald vertrieben und mussten in den jüdischen Stadtbezirk umsiedeln, wo kurze Zeit darauf ein Ghetto eingerichtet wurde. Sie waren ständig verschieden Gefahren ausgesetzt. Mehrmals gelang es Henriettes Vater seine Familie vor dem Schlimmsten zu bewahren und mit Hilfe von ukrainischen Bekannten oder durch Bestechung, die Familie vor der Erschießung zu retten und aus dem Gefängnis zu befreien.
Immer wieder mussten sie sich verstecken. Henriettes Eltern wurden vor ihren Augen erschossen. Sie selbst konnte sich in einem Nonnenkloster verstecken und überlebte die Zeit des NS-Terrors. Nach dem Krieg kam sie auf Umwegen nach Antwerpen, studierte Kunstgeschichte und wurde Lehrerin für Französisch in Israel, wo sie insgesamt 13 Jahre lang lebte (1956-1969). 1969 kehrt sie nach Antwerpen zurück. Henriette Kretz ist verheiratet, hat zwei Söhne und drei Enkel. Sie interessiert sich für Politik, Literatur, Pädagogik, Malerei und Musik. Henriette Kretz ist Mitglied des polnischen Vereins “Kinder des Holocaust”, dem Juden angehören, die als Kinder den NS-Terror meist in Verstecken überlebt haben.[/infobox]
(c) Maximilian-Kolbe-Werk